Die Entdeckung einer Affäre stürzt den betrogenen Partner in einen emotionalen Ausnahmezustand. Gefühle von Verrat, Wut und tiefster Verzweiflung dominieren die Gedanken. Die erste Reaktion ist oft der Wunsch nach einer sofortigen Trennung und der tief verwurzelte Gedanke, dass der untreue Partner für sein Handeln rechtlich "bestraft" werden muss. In dieser Situation taucht unweigerlich die zentrale Frage auf: Welche Konsequenzen hat das Fremdgehen für die Scheidung? Erhält der betrogene Partner nun mehr Vermögen oder Unterhalt? Muss der untreue Partner für alle Kosten aufkommen?.
Um diese Fragen zu beantworten, ist ein Verständnis des fundamentalen Wandels im deutschen Scheidungsrecht unerlässlich. Das heutige Recht unterscheidet sich grundlegend von dem, was noch vor wenigen Jahrzehnten galt. Die sogenannte "Schuldfrage" wurde für die Scheidung selbst abgeschafft.Dennoch kann sie bei den finanziellen Konsequenzen – den sogenannten Folgesachen – eine entscheidende, wenn auch subtile, Rolle spielen. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Realitäten einer Scheidung nach Untreue und trennt dabei Mythen von Fakten.
Um die rechtlichen Folgen einer Affäre korrekt einzuordnen, muss zunächst die Grundlage des modernen deutschen Scheidungsrechts verstanden werden. Das Familiengericht stellt nicht die Frage, wer die Schuld am Ende der Ehe trägt, sondern nur, ob die Ehe objektiv gescheitert ist. Diese Herangehensweise ist entscheidend, um die Erwartungen an das Scheidungsverfahren realistisch zu steuern.
Nach geltendem Recht wird eine Ehe geschieden, wenn sie gescheitert ist. Der Gesetzgeber definiert das Scheitern in § 1565 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wie folgt: Eine Ehe gilt als gescheitert, "wenn die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen". Dies ist eine objektive Feststellung und keine moralische Verurteilung. Das Gericht bewertet nicht die Gründe für das Scheitern, sondern nur den Zustand der Ehe selbst.
Um endlose und unwürdige Auseinandersetzungen über die Gründe des Scheiterns zu vermeiden, hat der Gesetzgeber feste Vermutungsregeln eingeführt, die sich an der Dauer der Trennung orientieren.
Die rechtliche Trennung erfordert eine "Trennung von Tisch und Bett", was bedeutet, dass keine häusliche und wirtschaftliche Gemeinschaft mehr bestehen darf. Dies kann auch innerhalb der gemeinsamen Wohnung vollzogen werden, sofern die Lebensbereiche strikt getrennt sind.
Bis zur großen Eherechtsreform, die am 1. Juli 1977 in Kraft trat, galt in Deutschland das Verschuldensprinzip. Eine Scheidung war nur möglich, wenn ein Partner dem anderen eine schwere Eheverfehlung, wie beispielsweise Ehebruch, nachweisen konnte. Der als "schuldig" befundene Ehepartner erlitt erhebliche Nachteile, insbesondere beim nachehelichen Unterhalt und teilweise auch beim Sorgerecht für die Kinder. Bis 1969 war Ehebruch in der Bundesrepublik Deutschland sogar ein Straftatbestand.
Die Abschaffung dieses Prinzips hatte mehrere Gründe:
Die Reform hat die Schuldfrage jedoch nicht vollständig eliminiert. Sie wurde vielmehr strategisch verlagert. Die Logik des Gesetzes hat sich grundlegend geändert. Früher lautete sie: "Ein Partner ist schuld, deshalb kann die Ehe geschieden werden, und deshalb wird dieser Partner sanktioniert." Heute lautet die Logik: "Die Ehe ist objektiv gescheitert, deshalb kann sie geschieden werden. Unabhängig davon wird in einem zweiten Schritt geprüft, ob das Verhalten eines Partners während der Ehe so eklatant unfair war, dass es grob unbillig wäre, ihm bestimmte finanzielle Vorteile aus dieser Ehe zuzugestehen." Dies erklärt den scheinbaren Widerspruch, dass eine Affäre für die Scheidung selbst irrelevant ist, für die finanziellen Folgen aber von großer Bedeutung sein kann.
Betrogene Ehepartner hegen oft den Wunsch nach einer sofortigen "Blitzscheidung", um das rechtliche Band so schnell wie möglich zu kappen. Das Gesetz sieht hierfür eine Möglichkeit vor, die jedoch an extrem hohe Hürden geknüpft ist.
Das Gesetz erlaubt eine Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres, wenn "die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller eine unzumutbare Härte darstellen würde, die in der Person des anderen Ehegatten liegt". Die Rechtsprechung legt diesen Ausnahmetatbestand jedoch äußerst restriktiv aus. Es geht nicht um die emotionale Belastung oder den Schmerz, der mit jeder Trennung verbunden ist. Vielmehr muss das Festhalten am rechtlichen Status der Ehe für den betrogenen Partner objektiv unerträglich und entwürdigend sein.
Eine "gewöhnliche" Affäre oder ein einmaliger Seitensprung reichen für eine Härtefallscheidung in aller Regel nicht aus. Gerichte argumentieren, dass Untreue zwar eine schwere Verletzung darstellt, aber ein Lebensrisiko ist, dessen emotionale Folgen das Abwarten des Trennungsjahres nicht per se unzumutbar machen.
Anerkannte Härtefälle im Kontext von Untreue sind nur extreme Situationen, die eine besondere Demütigung darstellen. Beispiele aus der Rechtsprechung sind:
Ein Antrag auf Härtefallscheidung muss daher exzellent begründet und lückenlos bewiesen werden. Ein schlecht vorbereiteter Antrag führt nicht zur Beschleunigung, sondern kann das Verfahren durch aufwendige Beweisaufnahmen sogar verzögern und unnötige Kosten verursachen.
Hier liegt der Kern der rechtlichen Auseinandersetzung nach einer Affäre. Während die Untreue für die Scheidung selbst kaum eine Rolle spielt, kann sie bei der Regelung der finanziellen Folgen erhebliche Auswirkungen haben.
Grundsätzlich hat der wirtschaftlich schwächere Ehegatte nach der Scheidung einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt. Dieser Grundsatz wird jedoch durchbrochen, wenn die Zahlung von Unterhalt "grob unbillig" wäre. § 1579 BGB listet hierfür verschiedene Gründe auf. Der für Fälle von Untreue relevanteste ist Nr. 7: ein "offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten" des unterhaltsberechtigten Partners.
Die Gerichte haben klare Kriterien entwickelt, wann eine Affäre als ein solch schwerwiegendes Fehlverhalten zu werten ist:
Der tiefere Grund für diese Regelung liegt im Prinzip des widersprüchlichen Verhaltens. Die Rechtsprechung argumentiert, dass ein Ehepartner, der sich durch eine ernsthafte Affäre einseitig aus der ehelichen Solidarität löst und seine emotionale und persönliche Zuwendung einem Dritten widmet, nicht gleichzeitig vom verlassenen Partner die Fortsetzung der finanziellen Solidarität in Form von Unterhalt fordern kann. Es ist dieser innere Widerspruch, den das Gesetz als "grob unbillig" sanktioniert.
Ein Sonderfall ist der Betreuungsunterhalt. Betreut der untreue Partner ein gemeinsames minderjähriges Kind, tritt das Kindeswohl in den Vordergrund. Da der Unterhalt (§ 1570 BGB) in diesem Fall primär der Sicherung der Kindesbetreuung dient, wird er nur in seltenen Fällen komplett gestrichen. Eine Kürzung ist jedoch möglich.
Die Auswirkungen auf den Unterhalt hängen stark von den Umständen der Untreue ab. Ein einmaliger Seitensprung hat in der Regel keine oder nur geringe Auswirkungen, und der Unterhaltsanspruch bleibt meist bestehen. Ähnlich verhält es sich bei einer kurzen Affäre in einer bereits kriselnden Ehe, da hier der Nachweis fehlt, dass die Untreue der alleinige Scheidungsgrund war. Anders sieht es bei einer langjährigen, verfestigten Affäre aus; hier ist die Wahrscheinlichkeit einer Kürzung oder eines vollständigen Wegfalls des Unterhaltsanspruchs hoch. Ein besonders hohes Risiko des Unterhaltsverlusts besteht beim sogenannten "Ausbruch aus einer intakten Ehe", bei dem die Affäre als alleinige Ursache für das Scheitern der Ehe gilt. Besonders demütigende Umstände, wie eine Affäre mit einem Freund oder im gemeinsamen Haus, erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Kürzung oder Verwirkung erheblich. Als besonders schwerwiegend werten Gerichte die Fortsetzung der Affäre trotz eines Versöhnungsversuchs, was häufig zum vollständigen Verlust des Unterhalts führt.
Der Zugewinnausgleich ist ein rein rechnerischer Vorgang, der das während der Ehe erworbene Vermögen beider Partner ausgleicht. Moralische Aspekte wie eine Affäre spielen hierbei grundsätzlich keine Rolle. Es gibt jedoch eine wichtige Ausnahme: die sogenannte "illoyale Vermögensminderung" gemäß § 1375 Abs. 2 BGB.
Wenn ein Ehepartner nach der Trennung oder bereits davor in der Absicht, den anderen zu benachteiligen, Vermögen verschwendet oder verschenkt, wird dieser Betrag seinem Endvermögen fiktiv wieder hinzugerechnet. Dies wird relevant, wenn für die Affäre erhebliche finanzielle Mittel aufgewendet wurden, zum Beispiel für:
Die Beweislast für solche illoyalen Ausgaben liegt beim benachteiligten Ehegatten. Der gesetzliche Auskunftsanspruch über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung (§ 1379 BGB) ist hier ein wichtiges Instrument. Kann der andere Partner eine erhebliche Vermögensminderung zwischen dem Trennungszeitpunkt und der Zustellung des Scheidungsantrags nicht plausibel erklären, kann sich die Beweislast sogar zu seinen Ungunsten umkehren.
In emotional aufgeladenen Trennungen werden die gemeinsamen Kinder manchmal zum Druckmittel. Das deutsche Familienrecht zieht hier jedoch eine klare Linie und trennt die Paarebene strikt von der Elternebene.
Das Sorgerecht (§ 1626 BGB) und das Umgangsrecht (§ 1684 BGB) orientieren sich ausschließlich am Kindeswohl. Die Gründe für die Trennung der Eltern sind für diese Entscheidungen irrelevant. Eine Affäre macht einen Vater oder eine Mutter in den Augen des Gesetzes nicht automatisch zu einem schlechteren Elternteil. Das gemeinsame Sorgerecht bleibt auch nach der Scheidung der Regelfall.
Die Umstände einer Affäre oder der neue Partner können nur dann eine Rolle spielen, wenn von ihnen eine konkrete Gefährdung für das Wohl des Kindes ausgeht. Dies wäre beispielsweise der Fall bei Drogen- oder Alkoholmissbrauch, Gewalt oder einer schweren psychischen Instabilität des neuen Partners im Umfeld des Kindes.
Darüber hinaus sind beide Eltern gesetzlich verpflichtet, die Bindung des Kindes zum jeweils anderen Elternteil zu fördern (§ 1684 Abs. 2 BGB). Versucht ein Elternteil, das Kind zu instrumentalisieren, es gegen den anderen aufzuhetzen und die Affäre als Waffe im Streit um die Kinder zu benutzen, kann dies als erziehungsschädliches Verhalten gewertet werden und im Extremfall negative Konsequenzen für das eigene Sorge- oder Umgangsrecht haben.
In der emotionalen Ausnahmesituation nach der Entdeckung einer Affäre ist es entscheidend, einen kühlen Kopf zu bewahren und strategisch richtige erste Schritte zu unternehmen, um die eigenen Rechte zu wahren.
Um den Lauf des für die Scheidung notwendigen Trennungsjahres in Gang zu setzen, muss die "Trennung von Tisch und Bett" vollzogen werden. Es ist dringend anzuraten, den Beginn der Trennung schriftlich zu dokumentieren. Ein einfaches, datiertes Schreiben, in dem der Trennungswille unmissverständlich erklärt wird und das idealerweise vom Partner gegengezeichnet wird, schafft Rechtssicherheit für das spätere Verfahren. Alternativ kann dieser Schritt durch ein anwaltliches Schreiben erfolgen. Der sauber dokumentierte Trennungsstichtag ist von entscheidender Bedeutung, da er den Stichtag für die Berechnung des Zugewinnausgleichs markiert.
Es ist ratsam, umgehend Kopien aller relevanten Finanzunterlagen zu sichern. Dazu gehören Konto- und Depotauszüge, Gehaltsabrechnungen der letzten 12 Monate, Steuerbescheide, Policen von Lebensversicherungen und Kreditverträge. Dies schafft eine Faktenbasis für spätere Auseinandersetzungen um Unterhalt und Zugewinn. Besondere Wachsamkeit ist geboten, wenn der Partner beginnt, größere Bargeldbeträge abzuheben, Konten aufzulösen oder Vermögenswerte zu übertragen. Bei begründetem Verdacht auf illoyale Handlungen kann ein Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich (§ 1385 BGB) ein wirksames Mittel sein, um das Vermögen zu sichern.
Das Internet ist voll von Halbwahrheiten und Mythen zum Scheidungsrecht, die zu falschen Entscheidungen führen können. Nur ein spezialisierter Fachanwalt für Familienrecht kann eine fundierte, auf den individuellen Fall zugeschnittene strategische Beratung bieten. Ein Anwalt hilft dabei, die eigenen Rechte und Pflichten zu verstehen, realistische Ziele zu definieren und notwendige Anträge, wie beispielsweise auf Trennungsunterhalt, rechtzeitig und korrekt zu stellen, um den Verlust von Ansprüchen zu vermeiden.
Die Analyse der aktuellen Rechtslage zeigt: Die "Schuldfrage" ist im deutschen Scheidungsrecht nicht verschwunden, sondern hat ihren Platz gewechselt. Für die Auflösung der Ehe selbst ist sie irrelevant, für die finanziellen Folgen – insbesondere den nachehelichen Unterhalt – kann sie jedoch von entscheidender Bedeutung sein. Das Gesetz bestraft dabei nicht die Untreue an sich, sondern die grobe Unbilligkeit, die aus einem schwerwiegenden und einseitigen Bruch der ehelichen Solidarität resultieren kann.
Eine Scheidung nach einer Affäre ist eine der emotional und rechtlich komplexesten Herausforderungen im Familienrecht. Eine frühzeitige, kompetente anwaltliche Beratung ist der Schlüssel, um die Situation zu versachlichen, finanzielle Nachteile abzuwenden und einen fairen sowie rechtssicheren Übergang in einen neuen Lebensabschnitt zu gestalten. Jeder Fall ist einzigartig und erfordert eine individuelle Strategie, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen und die eigene Zukunft zu sichern.
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