Die Trennung vom selbstständigen Partner – Eine besondere finanzielle Herausforderung

Die Trennung von einem Partner, der selbstständig, als Unternehmer oder Freiberufler tätig ist, stellt die Betroffenen vor einzigartige finanzielle Hürden. Während die emotionalen Belastungen einer Trennung für alle gleich sind, kommt hier eine erhebliche Unsicherheit hinzu: Die finanzielle Situation des Partners ist oft eine "Blackbox", geprägt von schwankenden Einnahmen, komplexen Firmenstrukturen und steuerlichen Gestaltungsspielräumen. Diese Intransparenz führt bei dem unterhaltsberechtigten Partner häufig zu existenziellen Ängsten und der Sorge, nicht die finanzielle Unterstützung zu erhalten, die ihm gesetzlich zusteht.

Die zentrale Herausforderung in diesen Fällen ist selten die Frage, ob ein Anspruch auf Trennungsunterhalt besteht, sondern vielmehr, wie hoch das für die Berechnung relevante Einkommen tatsächlich ist. Dieser Artikel dient als verlässlicher Kompass durch den komplexen Prozess der Unterhaltsermittlung. Er beleuchtet die rechtlichen Grundlagen, deckt die spezifischen Schwierigkeiten bei der Einkommensfeststellung von Selbstständigen auf, zeigt, wie "versteckte" Einkünfte aufgedeckt werden können, und erklärt, wie der gesetzliche Anspruch auf Information konsequent durchgesetzt wird.

Teil 1: Das Fundament – Was ist Trennungsunterhalt und wer hat Anspruch?

Die gesetzliche Grundlage: § 1361 BGB einfach erklärt

Der Anspruch auf Trennungsunterhalt ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in § 1361 verankert. Diese Vorschrift dient dem Schutz des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten während der Phase der Trennung. Ihr Zweck ist es, den während der Ehe gemeinsam erreichten Lebensstandard vorläufig aufrechtzuerhalten, um einen abrupten sozialen und finanziellen Abstieg zu verhindern. Der Anspruch beginnt mit dem Zeitpunkt der Trennung und endet mit der Rechtskraft der Scheidung, woran sich ein möglicher Anspruch auf nachehelichen Unterhalt anschließen kann. Eine entscheidende Schutzvorschrift ist, dass auf den Trennungsunterhalt nicht im Voraus wirksam verzichtet werden kann. Solche Vereinbarungen in Eheverträgen sind in der Regel unwirksam.  

Die drei Säulen des Anspruchs: Getrenntleben, Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit

Ein Anspruch auf Trennungsunterhalt stützt sich auf drei wesentliche Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen.  

  • Getrenntleben: Die Ehepartner müssen getrennt leben. Dies bedeutet mehr als nur getrennte Schlafzimmer; es erfordert eine "Trennung von Tisch und Bett" und die klare Absicht mindestens eines Partners, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht wiederherstellen zu wollen. Derjenige, der Unterhalt fordert, muss das Getrenntleben beweisen können. Das Trennungsjahr dient dabei nicht nur als Voraussetzung für die Scheidung, sondern auch als Schutzfunktion, um übereilte Entscheidungen zu vermeiden.  
  • Bedürftigkeit: Der anspruchstellende Partner gilt als bedürftig, wenn die eigenen Einkünfte und das eigene Vermögen nicht ausreichen, um den bisherigen ehelichen Lebensstandard zu finanzieren.  
  • Leistungsfähigkeit: Der unterhaltspflichtige Partner muss finanziell in der Lage sein, den geforderten Unterhalt zu zahlen, ohne dass sein eigener angemessener Lebensunterhalt, der sogenannte Selbstbehalt, gefährdet wird. Für Erwerbstätige beträgt der eheangemessene Selbstbehalt gegenüber dem getrenntlebenden Ehegatten derzeit 1.600 Euro pro Monat (Stand 2024).  

Abgrenzung: Trennungsunterhalt, Kindesunterhalt und nachehelicher Unterhalt

Es ist von entscheidender Bedeutung, die verschiedenen Unterhaltsarten voneinander abzugrenzen, da sie unterschiedlichen Regeln und Rangfolgen unterliegen.

  • Trennungsunterhalt (§ 1361 BGB): Gilt ausschließlich für den Zeitraum zwischen Trennung und rechtskräftiger Scheidung.  
  • Nachehelicher Unterhalt (§ 1570 ff. BGB): Kann nach der Scheidung beansprucht werden, ist aber an strengere Voraussetzungen geknüpft, wie z.B. die Betreuung kleiner Kinder, Alter oder Krankheit.
  • Kindesunterhalt (§ 1601 ff. BGB): Dieser Anspruch hat stets Vorrang vor dem Ehegattenunterhalt. Bei der Berechnung des Trennungsunterhalts wird der zu zahlende Kindesunterhalt vom Einkommen des Pflichtigen abgezogen, bevor der Anspruch des Ehegatten ermittelt wird. Diese Rangfolge ist von strategischer Bedeutung, da die Höhe des Kindesunterhalts die Berechnungsgrundlage für den Trennungsunterhalt direkt beeinflusst. Eine korrekte Ermittlung des Kindesunterhalts auf Basis des wahren Einkommens des Selbstständigen ist daher auch für den Ehegattenunterhalt essenziell.  

Wichtige Grundsätze: Der Lebensstandard in der Ehe als Maßstab

Der entscheidende Maßstab für die Höhe des Trennungsunterhalts sind die "ehelichen Lebensverhältnisse".Dies umfasst alle Einnahmen und geldwerten Vorteile, die der Familie während des Zusammenlebens zur Verfügung standen und den Lebensstil prägten – von der Wohnsituation über Urlaube und Freizeitgestaltung bis hin zu Ausgaben für Autos und Versicherungen. Es geht nicht um die Deckung eines bloßen Existenzminimums, sondern um die Fortführung des gemeinsam etablierten Standards. Bemerkenswert ist, dass ein Anspruch auf Trennungsunterhalt grundsätzlich auch bei kurzer Ehedauer besteht. Der Gesetzgeber hat bewusst darauf verzichtet, die kurze Ehedauer als Ausschlussgrund für den Trennungsunterhalt vorzusehen, wie es beim nachehelichen Unterhalt der Fall sein kann.  

Teil 2: Der Kern des Problems – Das Einkommen des Selbstständigen richtig ermitteln

Warum der Steuerbescheid nicht die ganze Wahrheit sagt: Der Unterschied zwischen steuerlichem Gewinn und unterhaltsrelevantem Einkommen

Für Partner von Selbstständigen ist die wichtigste Erkenntnis: Der im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Gewinn ist selten identisch mit dem Einkommen, das für die Unterhaltsberechnung herangezogen wird. Der steuerliche Gewinn ist oft durch legale Gestaltungsmöglichkeiten wie Abschreibungen, Rückstellungen oder Investitionsabzugsbeträge optimiert, um die Steuerlast zu minimieren. Das Unterhaltsrecht hingegen zielt auf das tatsächlich verfügbare und für den Lebensunterhalt verwendbare Einkommen ab.  

Hieraus ergibt sich ein fundamentaler Konflikt zwischen zwei legitimen, aber gegensätzlichen Zielen: der steuerlichen Optimierung des Unternehmers und dem unterhaltsrechtlichen Teilhabeanspruch des Partners. Der steuerliche Gewinn dient daher lediglich als Ausgangspunkt für eine detaillierte unterhaltsrechtliche Korrektur und Bereinigung. Nahezu jede Position in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) oder der Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) muss kritisch hinterfragt werden, was diese Fälle besonders streitanfällig macht.  

Die Drei-Jahres-Regel: Wie Gerichte Schwankungen ausgleichen

Da die Einkünfte von Selbstständigen und Unternehmern oft erheblichen Schwankungen unterliegen, hat sich in der Rechtsprechung der Grundsatz etabliert, zur Glättung dieser Volatilität das Durchschnittseinkommen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre als Berechnungsgrundlage heranzuziehen. Dies soll verhindern, dass ein zufällig schlechtes oder gutes Jahr das Ergebnis unverhältnismäßig beeinflusst.  

Beispielhaft wird der Jahresgewinn der Jahre 2022 (z.B. 44.000 Euro), 2023 (z.B. 50.000 Euro) und 2024 (z.B. 57.000 Euro) addiert und die Summe durch drei geteilt, um einen durchschnittlichen Jahresgewinn zu ermitteln. Dieser wird dann auf einen Monatsbetrag heruntergerechnet. Von dieser Regel kann jedoch abgewichen werden, wenn eine nachhaltige und belegbare Veränderung der Geschäftslage eingetreten ist. Dies kann ein negativer Trend sein, etwa durch den Wegfall eines Großkunden, aber auch eine positive Entwicklung durch starkes Wachstum. In solchen Fällen kann eine auf aktuellen Betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWAs) basierende Prognose für die Zukunft maßgeblich sein.  

Das "bereinigte Nettoeinkommen": Eine detaillierte Aufschlüsselung

Der zentrale Begriff bei jeder Unterhaltsberechnung ist das "bereinigte Nettoeinkommen". Dies ist der Betrag, der nach Addition aller Einkommensbestandteile und Abzug aller unterhaltsrechtlich anerkannten Verbindlichkeiten für den Konsum zur Verfügung steht.  

Was zählt als Einkommen?

  • Der korrigierte Durchschnittsgewinn der letzten drei Jahre.  
  • Privatentnahmen, insbesondere wenn sie den ausgewiesenen Gewinn übersteigen, da sie ein Indiz für die tatsächliche Liquidität sind.  
  • Geldwerte Vorteile, wie die private Nutzung eines Firmenwagens.  
  • Weitere Einkünfte, z.B. aus Kapitalvermögen oder Vermietung und Verpachtung, die oft neben der selbstständigen Tätigkeit erzielt werden.  

Welche Ausgaben werden abgezogen (Bereinigungsposten)?

  • Tatsächlich gezahlte Einkommens- und Gewerbesteuern.  
  • Angemessene Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.  
  • Eine angemessene Altersvorsorge. Bei Selbstständigen können hierfür bis zu ca. 24 % des Bruttogewinns angesetzt werden, in Anlehnung an den Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung.  
  • Vorrangiger Kindesunterhalt, wobei der volle Tabellenbetrag laut Düsseldorfer Tabelle (nicht der geringere Zahlbetrag nach Abzug des Kindergeldes) abzusetzen ist.  
  • Berücksichtigungsfähige Schulden, vor allem Kredite, die während der Ehe aufgenommen wurden und die ehelichen Lebensverhältnisse mitgeprägt haben (z.B. für ein gemeinsames Haus oder Auto).  

Teil 3: Die "versteckten" Einkünfte und strittigen Abzüge – Ein tiefer Einblick

Die eigentliche Auseinandersetzung entzündet sich oft an Positionen, die den Gewinn mindern oder das verfügbare Einkommen verschleiern. Hier ist eine besonders kritische Prüfung erforderlich.

Der Firmenwagen: Wie der private Nutzungsvorteil berechnet wird

Die private Nutzung eines Firmenwagens stellt einen geldwerten Vorteil dar, da der Unterhaltspflichtige die Kosten für ein eigenes Fahrzeug spart. Dieser Vorteil wird dem unterhaltsrelevanten Einkommen hinzugerechnet.  

Zur Bewertung dieses Vorteils gibt es verschiedene Ansätze. Die steuerliche 1%-Regelung, bei der monatlich 1 % des Bruttolistenpreises des Fahrzeugs als Einnahme versteuert wird, dient oft als Ausgangspunkt, ist für die Familiengerichte aber nicht bindend. Häufig prüfen die Gerichte, ob es sich um eine "aufgedrängte Bereicherung" handelt. Würde sich der Pflichtige bei seinem Einkommen privat ein derart teures Fahrzeug leisten? Wenn nicht, wird der Vorteil oft niedriger angesetzt, basierend auf den geschätzten Kosten für ein angemessenes Fahrzeug. Die Gerichte schätzen diesen Vorteil häufig auf Beträge zwischen 150 und 350 Euro monatlich, bei Luxusfahrzeugen kann der Wert aber auch deutlich höher liegen. Die Anrechnung des Firmenwagens kann zudem dazu führen, dass der pauschale Abzug für berufsbedingte Aufwendungen (z.B. 5 %) gekürzt wird oder ganz entfällt, da die Fahrtkosten bereits durch den Firmenwagen abgedeckt sind.  

Abschreibungen (AfA): Eine kritische Analyse

Abschreibungen (Absetzung für Abnutzung, AfA) sind buchhalterische Posten, die den Wertverlust von Anlagevermögen über die Zeit abbilden. Sie mindern den steuerlichen Gewinn erheblich, stellen aber keinen tatsächlichen Geldabfluss im entsprechenden Jahr dar. Aus diesem Grund werden sie im Unterhaltsrecht besonders kritisch geprüft. Die Rechtsprechung differenziert hier stark:

Abschreibungsarten und ihre Behandlung im Steuer- und Unterhaltsrecht

Dieser Text beleuchtet die unterschiedliche Behandlung verschiedener Abschreibungsarten (AfA) im Kontext des Steuerrechts und des Unterhaltsrechts (Regelfall), inklusive der jeweiligen Begründungen.

Lineare Abschreibung (AfA)

Die Lineare AfA ist steuerrechtlich gewinnmindernd absetzbar über die gesamte Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts. Im Unterhaltsrecht wird sie in der Regel anerkannt, da sie einem realen Wertverlust nahekommt. Eine Ausnahme besteht lediglich, wenn die AfA den tatsächlichen Wertverlust erheblich übersteigt.

Degressive Abschreibung (AfA)

Die Degressive AfA ermöglicht steuerlich höhere Absetzungen in den ersten Jahren der Nutzung. Unterhaltsrechtlich wird sie nicht anerkannt. Stattdessen wird sie in eine fiktive lineare AfA umgerechnet. Die Begründung hierfür liegt darin, dass die degressive Methode das Einkommensbild in den ersten Jahren stark nach unten verzerrt.

Sonder-AfA und Investitionsabzugsbeträge (IAB)

Sonder-AfA und IAB (Investitionsabzugsbeträge) stellen zusätzliche steuerliche Anreize dar. Sie werden im Unterhaltsrecht nicht anerkannt. Die Begründung dafür ist, dass es sich um reine Steuergestaltung handelt, die nicht den realen Geldfluss widerspiegelt.

Gebäude-Abschreibung (AfA)

Die Gebäude-AfA ist steuerrechtlich gewinnmindernd absetzbar. Im Unterhaltsrecht wird sie in der Regel nicht anerkannt. Dies wird damit begründet, dass bei Immobilien oft von einer Werterhaltung oder sogar -steigerungausgegangen wird und nicht von einem Wertverlust. Eine Ausnahme bildet der Fall, wenn noch Kredite für das Gebäude getilgt werden.

Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG)

Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) werden steuerlich durch eine Sofortabschreibung im Anschaffungsjahr berücksichtigt. Im Unterhaltsrecht ist diese Art der Abschreibung anerkannt. Dies spiegelt den schnellen Wertverlust kleinerer Anschaffungen wider.

Thesaurierte Gewinne (einbehaltene Gewinne in einer GmbH)

Ein besonders komplexes Thema für Unternehmer und beteiligte Ärzte (z.B. in einem MVZ in GmbH-Form) sind die Gewinne einer GmbH, die nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet, sondern im Unternehmen belassen (thesauriert) werden, um beispielsweise Investitionen zu tätigen oder die Liquidität zu stärken. Die entscheidende Frage für das Unterhaltsrecht lautet: Wer hat die Kontrolle über diese Entscheidung?  

Wenn der unterhaltspflichtige Partner als "beherrschender Gesellschafter" die Ausschüttungspolitik der GmbH im Wesentlichen allein bestimmen kann (was oft bei Alleingesellschaftern oder Mehrheitsbeteiligungen über 50 % der Fall ist), können ihm die nicht ausgeschütteten Gewinne anteilig als fiktives Einkommen zugerechnet werden. Das Argument des Unternehmers, die Gewinne seien für die Firma notwendig, wird vom Gericht auf seine betriebswirtschaftliche Stichhaltigkeit geprüft. Besteht der Verdacht, dass die Thesaurierung primär dazu dient, das unterhaltsrelevante Einkommen künstlich zu senken, wird das Gericht die Gewinne hinzurechnen. Die Analyse von Gesellschaftsverträgen, Bilanzen und Ergebnisverwendungsbeschlüssen ist hier unerlässlich.  

Betriebsausgaben auf dem Prüfstand

Auch die geltend gemachten Betriebsausgaben werden einer Angemessenheitsprüfung unterzogen. Das Gericht hinterfragt, ob Ausgaben tatsächlich betrieblich veranlasst oder verschleierte private Lebenshaltungskosten sind. Kritische Posten sind hierbei oft überhöhte Leasingraten für Luxusfahrzeuge, unangemessene Reise- und Bewirtungskosten (z.B. für Fachkongresse bei Ärzten) oder Gehälter für Familienangehörige, für die keine oder nur eine geringe Gegenleistung erbracht wird.  

Teil 4: Ihr Recht auf Wahrheit – Der Auskunftsanspruch und wie Sie ihn durchsetzen

Die gesetzliche Grundlage: Ihr unumstößliches Recht auf Information

Um überhaupt eine faire Unterhaltsberechnung vornehmen zu können, gewährt das Gesetz dem unterhaltsberechtigten Partner einen umfassenden Auskunftsanspruch. Dieser ist in § 1605 BGB geregelt und findet über den Verweis in § 1361 Abs. 4 BGB auch auf den Trennungsunterhalt Anwendung. Es handelt sich hierbei nicht um ein Bittgesuch, sondern um einen einklagbaren Rechtsanspruch. Ohne diese Informationen wäre eine Berechnung des Unterhalts für den Partner des Unternehmers oder Freiberuflers schlicht unmöglich.  

Der Umfang der Auskunftspflicht: Welche Unterlagen Sie verlangen können

Der selbstständige Partner ist verpflichtet, eine systematisch geordnete Aufstellung seiner Einkünfte und seines Vermögens vorzulegen und diese durch entsprechende Belege nachzuweisen. Der Anspruch ist nicht auf die Mitteilung des reinen Gewinns beschränkt, sondern umfasst alle Unterlagen, die zur Überprüfung und unterhaltsrechtlichen Korrektur dieses Gewinns notwendig sind.  

Checkliste der anzufordernden Belege für Unternehmer, Ärzte und Freiberufler:

  • Bilanzen mit den vollständigen Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten drei Geschäftsjahre.  
  • Alternativ: Einnahmen-Überschuss-Rechnungen der letzten drei Jahre.  
  • Die vollständigen Einkommensteuererklärungen und -bescheide der letzten drei Jahre.  
  • Aktuelle Betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWAs), insbesondere für das laufende Geschäftsjahr.  
  • Umsatzsteuerbescheide und -voranmeldungen.  
  • Bei Gesellschaftern einer GmbH (z.B. Unternehmer oder Arzt in einem MVZ) zusätzlich: der Gesellschaftsvertrag und die Protokolle der Gesellschafterversammlungen, aus denen die Gewinnverwendung hervorgeht.  

Die Notwendigkeit, diese detaillierten Unterlagen anzufordern, ergibt sich direkt aus der Komplexität der Einkommensbereinigung. Nur mit Einblick in die GuV oder Bilanz kann ein spezialisierter Anwalt prüfen, ob beispielsweise Abschreibungen oder Betriebsausgaben unterhaltsrechtlich zu korrigieren sind.

Der strategische Weg: Von der außergerichtlichen Aufforderung bis zur Stufenklage

Die Durchsetzung des Auskunftsanspruchs erfolgt in der Regel schrittweise.

  • Schritt 1: Außergerichtliche Aufforderung: Der erste Schritt ist eine schriftliche Aufforderung durch einen Anwalt, in der eine angemessene Frist zur Vorlage der Auskünfte und Belege gesetzt wird. Dies ist ein wichtiger formeller Akt, um den Partner in Verzug zu setzen, was für eine spätere Kostentragung im Gerichtsverfahren relevant sein kann.  
  • Schritt 2: Die Stufenklage: Wenn die Auskunft verweigert wird, unvollständig oder offensichtlich falsch ist, bleibt nur der Weg zum Familiengericht. Hier wird eine sogenannte Stufenklage erhoben, die aus mehreren Teilen besteht:
    • Stufe 1: Klage auf Erteilung der Auskunft und Vorlage der Belege.
    • Stufe 2 (optional): Bei begründeten Zweifeln an der Richtigkeit der Auskunft kann Klage auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erhoben werden.
    • Stufe 3: Sobald die Informationen vorliegen, wird der Unterhaltsanspruch beziffert und auf Zahlung des konkreten Betrags geklagt.
  • Einstweilige Anordnung: In dringenden Fällen, wenn der unterhaltsberechtigte Partner auf die Zahlungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts angewiesen ist, kann bei Gericht eine einstweilige Anordnung beantragt werden. Das Gericht kann dann eine vorläufige, sofort vollstreckbare Unterhaltszahlung festsetzen, noch bevor die endgültige Höhe des Anspruchs geklärt ist.  

Teil 5: Strategien, Fallstricke und der Blick nach vorn

Wenn sich der Partner "arm rechnet": Das Konzept des fiktiven Einkommens

Sollte der unterhaltspflichtige Unternehmer, Arzt oder Freiberufler sein Einkommen mutwillig reduzieren, seine Firma bewusst schlecht wirtschaften lassen oder sein volles Leistungspotenzial nicht ausschöpfen, um seine Unterhaltspflicht zu umgehen, kann das Gericht ein fiktives Einkommen ansetzen.Das Gericht prüft dann, welches Einkommen der Partner bei zumutbarer Anstrengung und ordnungsgemäßer Geschäftsführung erzielen könnte. Indizien für eine solche Manipulation können unrealistisch niedrige Gewinne im Branchenvergleich, der Verzicht auf lukrative Aufträge oder ein hoher privater Lebensstandard sein, der im Widerspruch zum angeblich geringen Einkommen steht.  

Die "gesteigerte Erwerbsobliegenheit": Kann ein Selbstständiger gezwungen sein, eine Anstellung anzunehmen?

Grundsätzlich gilt die Freiheit der Berufswahl. Wenn eine selbstständige Tätigkeit jedoch über einen längeren Zeitraum nicht einmal genug Gewinn abwirft, um den Mindestunterhalt, insbesondere für minderjährige Kinder, zu sichern, kann das Gericht vom Unterhaltspflichtigen verlangen, sich um eine alternative, besser bezahlte Anstellung zu bemühen. Diese sogenannte "gesteigerte Erwerbsobliegenheit" gilt in verschärfter Form bei der Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern (§ 1603 Abs. 2 BGB), wird beim Ehegattenunterhalt aber zurückhaltender angewendet und bleibt stets eine Einzelfallentscheidung.  

Zusammenfassung und abschließender Appell

Die Auseinandersetzung um Trennungsunterhalt mit einem Unternehmer, Arzt oder Freiberufler ist eine der komplexesten Materien des Familienrechts. Die zentralen Erkenntnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  1. Der Maßstab ist der reale Lebensstandard: Der Anspruch bemisst sich nicht am steuerlich optimierten Gewinn, sondern an den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen, die das Leben in der Ehe geprägt haben.
  2. Die Einkommensermittlung ist detektivische Arbeit: Sie erfordert eine tiefgehende Analyse der Geschäftsunterlagen der letzten drei Jahre und eine kritische unterhaltsrechtliche Korrektur der steuerlichen Zahlen.
  3. Das Recht auf Information ist stark: Der unterhaltsberechtigte Partner hat einen unumstößlichen und einklagbaren Rechtsanspruch auf umfassende Auskunft und Vorlage aller relevanten Belege.
  4. Die Konfliktpunkte sind vorhersehbar: Auseinandersetzungen konzentrieren sich meist auf die unterhaltsrechtliche Bewertung von Abschreibungen, Firmenwagen, Betriebsausgaben und bei GmbHs auf einbehaltene Gewinne.

Die Trennung von einem Unternehmer, Arzt oder Freiberufler ist kein Standardfall. Aufgrund des erheblichen Informationsgefälles, der finanziellen Komplexität und der vielfältigen Möglichkeiten zur Einkommensgestaltung ist die Beauftragung eines auf Familienrecht, idealerweise mit Expertise im Unterhaltsrecht bei Selbstständigen, spezialisierten Fachanwalts nicht nur eine Empfehlung, sondern eine absolute Notwendigkeit. Nur so können die eigenen Rechte effektiv gewahrt und ein faires, der Lebensrealität entsprechendes Ergebnis erzielt werden.

Haftungsausschluss: Nur mit einer anwaltliche Beratung können Sie die korrekte Berechnung Ihrer Ansprüche sicherstellen. Unvollständigkeiten oder Fehler im Artikel können nicht vollständig ausgeschlossen werden.

Matthias Prinz

Rechtsanwalt

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